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Als Hersteller direkt an Endkunden verkaufen? Auf diese 5 Dinge müssen Sie achten

Direct-to-Customer – für viele Hersteller ein interessantes Konzept. Der Direktverkauf an Endkunden lockt mit hohen Gewinnen, denn die Händlermargen entfallen. Bei einem mehrstufigen Vertrieb ist der Unterschied beträchtlich. Die Corona-Krise hat den Boom von eigenen Onlineshops zusätzlich befördert. Allerdings ist die Strategie nicht ohne Risiko. Wer als Hersteller direkt an Endkunden verkaufen möchte, sollte einige Dinge beachten.

1. Konfrontation mit Händlern

Keine Frage, wer den Direktverkauf an Endkunden startet, legt Hand an das Fundament des Handels. Der Zusammenhang ist meist einfach: Je mehr Produkte über den Direktvertrieb zum Endkunden kommen, umso weniger bleibt für die Händler übrig. Die befinden sich in einer Zwickmühle. Ein Preiskampf mit dem Hersteller ist nicht möglich. Auf der anderen Seite bedeutet stillschweigendes Zuschauen eine Gefahr für die Zukunft. Der Endkundenvertrieb birgt daher reichlich Zündstoff für das Verhältnis zwischen Hersteller und Händler. Inwiefern das für den Produzenten zum Problem wird, hängt von der bisherigen Vertriebsstruktur ab. Wer sich auf die Zusammenarbeit mit wenigen Großhändlern verlassen hat, geht ein Wagnis ein. Droht der Großhändler mit Konsequenzen, ist der fest eingeplante Absatz in Gefahr. Weniger bedrohlich ist die Situation bei einem diversifizierten Vertrieb über mehrere Händler – hier ist die Macht des einzelnen kleiner.

2. Neue Vertriebswege sind gefragt

Verkaufen an Endkunden – aber wie? Hersteller, die bisher an Zwischenhändler verkauft haben, mussten sich über ihren Vertrieb wenig Gedanken machen. Insbesondere die Distribution der Ware funktioniert über Händler unkompliziert. Im Prinzip ist der Hersteller von dieser Herausforderung befreit, sobald der Lkw das Werk verlassen hat. Beim Direct-to-Customer-Vertrieb ist die Situation gänzlich anders. Dafür muss ein komplett neuer Vertriebskanal aufgebaut werden. Vorreiter wie Miele oder Adidas setzen hierfür vor allem auf den Online-Vertrieb. Vordergründig scheint der Onlineshop dafür die wichtigste Voraussetzung zu sein. Dahinter stehen aber noch eine aufwendige Logistik und Lagerhaltung. In der Regel ist der Mehraufwand nicht mit dem bestehenden Personal abzufangen. Folglich sind auch strukturelle Veränderungen im Betrieb nötig.

Nicht zuletzt geht es darum, das eigene Online-Angebot bekannt zu machen. Wer bisher nur B2B-Akquise betrieben hat, muss den Werbemarkt in kurzer Zeit neu entdecken. Der Shop braucht Bekanntheit und Reichweite. Die gibt es vor allem über digitale Strategien. Der Vertrieb wird sich also vom persönlichen Gespräch verabschieden müssen. An die Stelle von Telefon und Mail treten Suchmaschine und soziales Netzwerk.

3. Buchhaltung vor neuen Herausforderungen

Distributoren kaufen keine einzelnen Produkte, je nach Geschäftsmodell und Branche funktioniert der Absatz in Paletten oder Lkw-Ladungen. Das hat Vorteile für die Buchhaltung: eine Rechnung, 10.000 Stück. Beim Direktvertrieb ist das anders. Im Extremfall kauft jeder Kunde genau ein Produkt. Also 10.000 Stück, 10.000 Rechnungen. Das erhöht den Aufwand enorm. Zugleich stellt sich die Frage: Welche Bezahlarten werden akzeptiert? Für Unternehmen sind direkte Bezahlmethoden vorteilhaft, zum Beispiel die Vorab-Überweisung. Zweiter Vorteil: Hier gibt es keine unbezahlte Ware. Bei Kunden ist diese Variante mit Abstand am wenigsten populär. Neben der Vorleistung ist die Wartezeit vielen ein Dorn im Auge. Moderne Kunden wünschen sich PayPal, Klarna und Co. Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen diese Varianten bieten können.

An dieser Stelle kann sich zudem der Konflikt mit den Händlern manifestieren: Ein starkes Argument ist ihr hoher Kundenservice. Der erstreckt sich von der Beratungshotline über den taggleichen Versand bis zur problemlosen Retoure – alles Bereiche, die Herstellern ohne Direktvertrieb fernliegen. Eine entsprechende Infrastruktur ist jedoch unverzichtbar, um am Markt erfolgreich zu sein. Sie muss im Zweifelsfall in kurzer Zeit etabliert werden – am besten ebenfalls mit neuem, erfahrenem Personal – wenigstens in der Führungsebene. Alternativ besteht die Möglichkeit, Aufgaben auszulagern.

4. Neue Preise

Was soll das Produkt kosten? Diese Frage enthält viel Konfliktpotential. Bevor es an die Antwort geht, steht zunächst einmal die Analyse der Situation. Hersteller, die in den Direktvertrieb an Endkunden einsteigen, haben keine Preiserfahrung – wohl aber Preisempfehlungen für Händler. Die geraten nun ins Wanken. Theoretisch ist ein attraktiverer Preis für Kunden möglich. Das sorgt allerdings kaum für Begeisterung bei den bisherigen Partnern. Damit sinkt die Attraktivität der Produkte für Händler schlagartig. Zudem müssen sich Hersteller in diesem Zusammenhang auf scharfe Diskussionen mit Händlern einstellen. Auf der anderen Seite stehen die Kunden. Ein Preisverfall der Produkte signalisiert eine verschlechterte Qualität – auch wenn die Gründe ganz andere sind. Zudem sorgen ungleiche Preise auf verschiedenen Kanälen für Unmut. Niemand möchte das Gefühl haben, zu viel zu bezahlen. Also rücken Preisvergleiche in den Fokus der Verbraucher. Fallen diese zu kompliziert aus, macht das einen Einkauf bei Wettbewerbern attraktiver.

Die neue Preispolitik sollte daher im Vorfeld gründlich durchdacht werden. Das gilt auch in Hinblick auf Rabatte für Großabnehmer und eigene Angebotsaktionen. Hier muss Spielraum vorhanden sein, denn mit dem Direktvertrieb sind die Hersteller Teilnehmer im Wettbewerb um Kunden.

5. Internationalisierung und Expansion

Ein großes Thema für wachsende Marken ist die Expansion. Die ist mit einem Partner besonders einfach. Kurz gesagt, übernehmen Händler die Einführung auf dem neuen Markt und können hier auf ihre bestehenden Strukturen zurückgreifen. Für Hersteller bleibt meist nur die Bekanntmachung der eigenen Produkte über geeignete Werbemaßnahmen – häufig ebenfalls in Kooperation mit Händlern. Diese bequeme Partnerschaft entfällt nun. Die Expansion läuft daher in aller Regel deutlich langsamer ab. Gerade der internationale Markt birgt Risiken: Welche Produkte sind im Ausland gefragt? Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es zu Verpackung und Deklaration? Das alles ist in Vorbereitung auf den Markteintritt zu klären. Eine weitere Herausforderung in diesem Zusammenhang ist der Bereich Compliance. Wer erfolgreich verkauft, wird in die Situation kommen, im Ausland umsatzsteuerpflichtig zu sein. Je nach Fokus bedeutet das Deklarationen in zwei, drei, vier und noch viel mehr Ländern. Dazu braucht es Expertise – wahlweise intern oder extern. Insbesondere die Expansion in Länder außerhalb der EU wird zum Kraftakt. Allerdings locken hier umsatzstarke Märkte wie in den USA.

Als Hersteller an Endkunden verkaufen: eine gute Idee, wenn...

Zusammenfassend zeigt sich, dass Hersteller vor Herausforderungen stehen, wenn sie in den Direktvertrieb einsteigen. Die größte Gefahr liegt in mangelnder Vorbereitung. Im Umkehrschluss ist eine gut durchdachte Strategie der Weg zum Erfolg. Dazu gehört ein funktionierender Vertrieb, vornehmlich über den eigenen Onlineshop. Dahinter stehen Logistik und Buchhaltung, die ebenfalls auf die neue Situation eingestimmt sein müssen. Dann lassen sich die Vorteile als Hersteller voll ausspielen – zum Beispiel exklusive Aktionen für Kunden, beschleunigte Produkteinführungen und viele weitere.

Wenn Sie sich über Ihr Geschäftspotenzial unverbindlich austauschen möchten, können Sie jederzeit einen Gesprächstermin mit mir vereinbaren! Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen.

Holger Lentz

E-Commerce berater

Seit 1999 hilft Holger Lentz seinen Kunden dabei, im E-Commerce erfolgreich zu sein. Zunächst mit der enno.digital GmbH als Full Service E-Commerce Agentur, jetzt aber auch mit der Holger Lentz Consulting GmbH, welche Kunden umfassend zu allen Dingen rund um den Onlinehandel berät.